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Blaue Engel auf hoher See

Die Schifffahrt steht wegen neuer Umweltvorschriften vor einem enormen Wandel. Jede Reederei wird sich jetzt damit beschäftigen müssen. Der deutsche Reeder Rörd Braren macht das schon seit geraumer Zeit und setzt auf schwefelarme Brennstoffe. Warum sein Nachhaltigkeitsprinzip gleichzeitig sein Erfolgsrezept ist.

Reeder Rörd Baren im Portrait

Es war schon eine kleine Sensation, als die EU-Umweltkommissarin Margo Wallström im Juni 2004 den deutschen Reeder Rörd Braren mit dem Clean-Marine-Award, dem sogenannten „Umwelt-Oscar“, auszeichnete.

Der Reeder aus dem schleswig-holsteinischen Kollmar hatte sich in den vergangenen Jahren den Ruf eines Pioniers der Schifffahrt erworben: Rörd Braren bewirtschaftete damals schon vier Mehrzweckschiffe, die die gesetzlich geforderten Umwelt- und Sicherheitsstandards weit übertrafen. Als erstes Handelsschiff der Welt erhielt sein Mehrzweckfrachter Cellus 2002 den Blauen Engel – jenes Gütesiegel, das im deutschsprachigen Raum für umweltschonende Produkte verliehen wird.

Im Jahr der Preisverleihung waren schon drei seiner Schiffe mit SCR-Katalysatoren ausgestattet, die mehr als 90 Prozent der Stickoxide aus den Abgasen herausfiltern, und bunkerten schwefelärmeren Brennstoff mit einem Schwefelgehalt von 0,6 bis 0,9 Prozent.

„Schwefelarmes Schweröl gibt’s mittlerweile überall in Nordwest-Europa. Aber damals gab es diesen Brennstoff nur an bestimmten Orten in Schweden und Deutschland, TotalEnergies war auch einer der wenigen Lieferanten“, erzählt Herr Braren, der heute in seiner Reederei zwölf Mehrzweckschiffe betreibt, die in der Nord- und Ostsee, Afrika und im Mittelmeer unterwegs sind, um Forstprodukte wie Papier und Zellulose, Holz, Getreide und Kohlen zu transportieren.

Kunden mit ökologischem Bewusstsein

Zwei Schiffe seiner Flotte verbrauchen jährlich etwa 6.000 Tonnen schwefelarmes Schweröl, das im Schnitt etwa 40 Dollar pro Tonne teurer ist als der branchenübliche Brennstoff mit einem Schwefelgehalt von 2,7 Prozent. Einen Wettbewerbsnachteil gibt es für ihn dadurch nicht, obwohl der gerade in der Schifffahrt immer härter wird. „Ganz im Gegenteil“, sagt Rörd Braren. Das Umweltbewusstsein in Schweden ist besonders hoch. Vor allem seine Kunden aus der Papierindustrie bevorzugen Schiffe, die eine über dem Standard liegende Ökobilanz aufweisen: „Die fragen gleich als erstes, was man im Bereich Umweltschutz vorweisen kann“, erzählt der ehemalige Kapitän, der 1990 seine Reederei gründete, als er das Schiff seines Schwiegervaters kaufte. Für das hohe ökologische Bewusstsein der Konzerne gibt es Gründe: Sie haben die Ökobilanz entlang der gesamten Wertschöpfungskette im Blick und können ihre ökologisch produzierten FSC-Papiere anschließend nicht auf „normalen“ Schiffen zum Händler bringen. Deswegen sind sie auch bereit, für ihre Extrawünsche – beispielsweise beim Transport – tiefer in die Tasche zu greifen. So kommen sie als Charterer der Schiffe auch für den höherpreisigen, aber schwefelarmen Brennstoff auf.

Kursänderung in Sachen Umweltschutz

Die kleine Reederei Braren gilt noch heute als ein weißer Elefant in ihrer Branche, weil sie  Vorreiter in Sachen Umweltschutz ist. Allerdings sind immer mehr Reedereien dafür sensibilisiert, weil es Verlader und Gesetzgeber verlangen. So will die Internationale Maritime Organisation (IMO), eine Unterorganisation der Vereinten Nationen, die für internationale Vorschriften in der Seefahrt zuständig ist, 2020 das Schweröl auf hoher See mit einem Schwefelgehalt von 0,5% verbieten. Seit 2010 gilt in der Nord- und Ostsee inzwischen ein Grenzwert von 1 Prozent Schwefel im Treibstoff. Zusätzlich gilt seit 2015 für alle ECA Zonen (emission control areas), wozu auch die Nord- und Ostsee sowie der Ärmelkanal gehören, grundsätzlich ein Schwefelgrenzwert von 0,1 Prozent für alle Treibstoffe, den die Schiffe einhalten müssen. „Wir haben bis heute also nicht alles falsch gemacht“, lacht Rörd Braren, „dass wir so früh auf Umweltschutz und Nachhaltigkeit gesetzt haben, ist unser Erfolgsrezept.“

Nachwuchsförderung unter deutscher Flagge

Aber auch andere Maßnahmen machen Kapitän Rörd Braren zum Avantgardisten seiner Branche: Alle seine zwölf Schiffe fahren unter deutscher Flagge – was gar nicht üblich ist. Aktuell sind in der deutschen Handelsflotte laut Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie gerade einmal 304 Schiffe unter deutscher Flagge unterwegs – die Braren Bereederungs-GmbH stellt davon einen Anteil von 4 Prozent. Und noch etwas macht die Reederei anders: Sie bildet aus! Insgesamt haben auf den Braren-Schiffen 20 Auszubildende zum Schiffsmechaniker ihren Platz gefunden. Dazu kommen 20 Junioroffiziere. „Wir sind zwar immer noch klein – aber fein“, beschreibt Rörd Braren seine Reederei, seinen ganzen Stolz.

Klar zur Wende!

Auf den Lorbeeren ausruhen kommt für ihn aber nicht in Frage. Sein neues Projekt: ein neues Mehrzweckschiff, das im November 2019 vom Stapel laufen soll – angetrieben wird der 5.000-Tonner dann durch Diesel-Motoren, welche niedrigschwefeliges Gasöl und kein Schweröl mehr verbrennen. Warum hat sich Rörd Braren für diesen Antriebsstoff entschieden? „Diesel-Motoren sind sparsamer im Verbrauch und benötigen keine aufwendige Schwefel-Waschanlage mehr.“ Rörd Braren wird auch in Zukunft nicht vor innovativen Technologien zurückschrecken, die dem Schutz der Umwelt dienen. Den der gehört zu seinem Geschäftsprinzip und ist sein persönlicher Antrieb.

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